Kirchenblätt'l 12/21-01/22
Veröffentlicht von Martin Engler in An(ge)dacht · Samstag 20 Nov 2021
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wo wohnt Gott? Viele von Ihnen kennen die kleine Geschichte, wie der freche Junge zum Rabbi kommt und sagt: „Ich gebe dir einen Taler, wenn du mir verraten kannst, wo Gott wohnt.“ – Und Sie kennen vielleicht auch die Antwort: „Ich gebe dir das Doppelte, wenn du mir sagen kannst, wo er nicht wohnt.“ In eine ähnliche Richtung, wie die Frage des frechen Jungen, zielt die Frage der beiden Jünger, die diese drei Worte Jesu, seine Antwort, ausgelöst hat: „Kommt und seht!“ Die Jünger hatten ihn nämlich gefragt: „Rabbi, wo ist deine Herberge.“ In der Zeit, in der dieses Gemeindeblatt von Ihnen gelesen wird, werden wir Weihnachten feiern. Das Fest der Menschwerdung Gottes. Denn in Jesus ist Gott selbst zu uns gekommen. Deshalb konnten Menschen zu ihm kommen, konnten ihn sehen, ihn hören, mit ihm gehen. Aber was ist mit uns? – Ja: Wir glauben, dass er nicht in einem gut bewachten Palast geboren wurde, sondern in einem Stall. Trotzdem – er ist ja wieder in der unsichtbaren Welt. Wir sehen ihn nicht mehr, können ihn nicht mehr sehen. Aber die Frage der Jünger kann uns weiterhelfen; denn, wenn man genau liest, dann merkt man, sie fragten ja nicht, ob sie ihn sehen dürften, ob sie ein Bild von ihm machen dürften, sondern sie fragten: „Wo ist deine Herberge?“ Etwas freier ausgedrückt: „Wo bist du?“ Und genau das ist ja die Frage sehr vieler Menschen: „Wo bist du? Wo bist du Gott?“ Und genau darauf kommt dieses: „Kommt und seht.“ – Die ganze Welt ist seine Herberge und in der ganzen Welt ist er ansprechbar, können wir zu ihm kommen. Nicht nur an den schönen Sonnentagen, sondern auch in Zeiten der Dunkelheit. Gerade nicht auf den hohen Bergen und in glänzenden Palästen will er sich zuerst finden lassen, sondern in dunklen Tälern und in einfachen Herbergen und manchmal, so hat er es einem anderen Jünger gesagt, wusste er nicht einmal, wo er sein Haupt hinlegen konnte, da hatte er nicht einmal eine noch so schlechte Herberge. (Matth.8,20) Wir sollen mit offenen Augen und offenem Herzen durch die Welt gehen. Wir werden ihn vor seiner Wiederkunft – möge sie bald sein – nicht sehen, aber wir können erleben, dass er da ist: Ganz behutsam spricht er uns an, rührt unser Herz an - unendlich liebevoll. Wir dürfen an ihn glauben. Und darüber sagt Jesus, dass es erstaunlicherweise mehr ist als sehen: „Weil du mich gesehen hast, glaubst du – selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ (Joh.20,29) Lasst uns das tun: Zu ihm kommen, ihm nachfolgen und von ganzem Herzen an ihn glauben.
Ihr Pfarrer
Martin Engler